Mývatn

30.08.2016

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Die taubenblauen Maulwurfhügel und die aufsteigenden Dampfschaden zwischen den orangeroten Bergen haben uns gestern bereits zu einem Zwischenhalt bewegt, heute kehren wir in die Umgebung des Sees Mývatn zurück. Auch wenn es aussieht, als hätte es aus Farbeimern geregnet, zeugt die surreale Landschaft auf dem Vulkansystem Krafla vom Aufeinandertreffen der Eurasischen und der Nordamerikanischen Kontinentalplatten.

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Im Hochtemperaturgebiet Hverarönd zeigt sich die vulkanische Aktivität in blubbernden blauen Matschpfützen, von denen einige mit kleinen Flüssen verbunden sind. Der beißende Schwefelgeruch bringt uns beinahe zum Würgen und erinnert an Rotorua in Neuseeland. Immerhin sind die Isländer noch nicht so weit wie die Neuseeländer, jeden Ausbruch vulkanischer Aktivität in einen Park zu verwandeln. Die unnatürliche Landschaft und das Aufspritzen in den Schlammtümpeln sind ein beeindruckender Anblick.

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Aus einem Solfatar entweicht Gas unter lautem Zischen.

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Hinter dem Schwefelfeld zeigt der 482 Meter hohe Bergrücken Námafjall seine rötliche Farbe. Ohne zu wissen, dass wir auf einem aktiven Vulkan stehen, folgen wir dem Pfad zur Spitze und werden mit einem spektakulären Ausblick über das Hochtemperaturgebiet belohnt. Auf der Ringstraße überquert man den Berge über dem Pass Námaskarð, scheinbar werden diese Namen alle synonym verwendet.

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Es heißt ja immer, dass die Isländer in ihren erneuerbaren Energien schwimmen. Nachdem uns gestern aufgefallen ist, dass wir bisher noch kein Kraftwerk gefunden haben, lädt uns heute die Krafla Power Station in ein eigenes Besucherzentrum ein. Vom Innenleben des Kraftwerks gibt es nichts zu sehen, dafür erklärt ein kurzer deutschsprachiger Film die Energiegewinnung aus geothermalen Quellen. Laut dem Besucherzentrum werden in Island 99% des Bedarfs an Elektrizität und Heizung mit Wasser- und Wärmekraft gedeckt. 80% des gesamten Energieverbrauchs auf der Insel wird aus erneuerbaren Energien gewonnen. Besonders Schiffe, Autos und Flugzeuge verschlechtern aufgrund der Nutzung fossiler Brennstoffe die Bilanz. Unter den futuristischen kugelförmigen Hütten, die überall in der Landschaft stehen und über eine Pipeline an das Kraftwerk angeschlossen sind, befinden sich Bohrlöcher.

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Trotz der vielen Ausflugsziele in der Region leben in der Stadt Reykjahlið auf der Ostseite des Sees gerade einmal 200 Einwohner. Der einzige Supermarkt an der Tankstelle ist so klein, dass wir den dringend notwendigen Großeinkauf einen weiteren Tag verschieben. Erstaunlicherweise hat keiner der vier in der Gegend verzeichneten Campingplätze eine Waschmaschine, die man selbst bedienen darf. Stattdessen können wir unsere muffelnden Socken zum Wäscheservice am Campingplatz Bjarg abgeben und wenige Stunden später gewaschen und getrocknet abholen, was praktischerweise das Trocknen im Campervan erspart.

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Einige kennen sie aus der Serie Game of Thrones, andere besuchen sie zum Baden. In der Höhle Grjótagjá besticht durch einen kleinen Warmwassersee in einzigartigem Ambiente. Nach Lavaausbrüchen in der Nähe von Krafla stieg die Wassertemperatur auf 43 bis 46 °C, weshalb Baden heute verboten ist. Gleich daneben liegt noch eine ähnliche, kleinere Höhle.

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Nachdem wir die Blaue Lagune, ein supertouristisches Schwimmbecken in der Nähe von Keflavik, ausgelassen haben, verbringen wir den Abend im Mývatn Nature Bath. Die künstliche Lagune ist mit geothermalem Wasser gefüllt, das angeblich besonders gesund für die Haut sein soll. So einladend das hellblaue Wasser von außen wirkt, kann man keine zehn Zentimeter unter Wasser sehen. Wohin die amerikanische Touristen einen Becher Bier nach dem anderen hinschütten, wollen wir lieber nicht wissen. Sowohl von der Ausstattung wie von der Sauberkeit hinkt das Bad trotz des stolzen Eintrittspreises von 4000 ISK für Erwachsene (31€, 2500 ISK = 19€ für Studenten) und der Menge an Personal den örtlichen Schwimmbädern hinterher. Die Aussicht vom Beckenrand auf die umliegenden Berge ist trotzdem spektakulär und aufgrund der langen Öffnungszeiten stehen die Chancen nicht schlecht unter Polarlichtern zu schwimmen.

In einer Werbebroschüre empfiehlt sich die Umgebung als die Hauptstadt der Nordlichter in Island. Bleibt man eine Nacht, so kann man mit einer statistische Wahrscheinlichkeit von 40% Nordlichter entdecken. Verlängert man den Aufenthalt auf vier Nächte, so liegt die Wahrscheinlichkeit schon bei 87%. Unter welchen Bedingungen diese Zahlen zustande gekommen sind, wissen wir nicht, aber man erkennt die der Angabe zugrunde liegende Bernoulli-Kette. Ob sich die Sonnenwinde an dieses mathematische Modell halten wollen, ist zwar zu bezweifeln, selbstverständlich halten wir dennoch am Abend Ausschau. Diese Nacht ist es zu bewölkt, um den Himmel klar zu sehen, aber mit dem offiziellen Beginn der Aurora Saison am 1. September können wir noch auf ein paar glückliche Nächte hoffen.

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