Golden Circle

01.03.2020

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Die ersten zwei Tage wollen wir die Ziele entlang des Golden Circle ansteuern. Da viele Touristen auf dieser Route reisen, sind die Straßen zum Þingvellir Nationalpark weitgehend schneefrei. Entlang der Straße sind nur wenige Parkbuchten geräumt. Im Schnee am Straßenrand erkennt man nur schwer, welche Abbiegungen befahrbar sind und welche zum unfreiwilligen Schneebad einladen.

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Auch unter der Schneedecke ist die markante Felsspalte beim Þingvellir Nationalpark gut zu erkennen. An dieser Stelle treffen die Nordamerikanische und die Eurasische tektonischen Platten aufeinander. Wir halten zunächst auf der Eurasischen Seite in einer Parkbucht. Prompt halten auch weitere Autos an und begutachten, was es hier zu sehen gibt.

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Danach rollen wir die letzten Meter zum offiziellen Parkplatz. Island im Winter hat nicht nur uns angelockt. Die Zahl der Besucher erscheint uns kaum geringer als im Sommer. Die Parkbuchten sind gut gefüllt mit Mietwagen, Campervans und Reisebussen. Die meisten haben sich für einen Mietwagen mit Vierradantrieb entschieden; besonders beliebt scheint der Dacia Duster zu sein.

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Durch den Graben folgen wir dem ausgetretenen Weg hinauf auf den Aussichtspunkt. Die Felsen bieten einen tollen Ausblick auf das Tal mit der Kirche, die umliegenden Lavafelder und den See Þingvellirvatn. Abseits des Wegs entdecken wir ein Schneehuhn, dass auf der Suche nach Essbarem zwischen den kahlen Sträuchern flitzt.

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An den abschüssigen Stellen gerät man auch mit Wanderschuhen ins Rutschen. Glücklicherweise haben wir Microspikes eingepackt, die man über die normalen Schuhe überzieht. Auf dem gefrorenen Untergrund werden sich die Microspikes in den nächsten Tagen immer wieder als unmissbare Gehilfen herausstellen.

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Um den Óxaráfoss haben sich imposante Eiszapfen gebildet. Trotz der kalten Temperaturen fließt weiterhin Wasser. Der untere Abschnitt ist unter der Schneedecke verborgen.

Die Weiterfahrt in Richtung Bruarfoss wird durch Neuschnee erschwert. Obwohl es zeitweise nicht einmal stark schneit, sieht alles um uns herum nur noch weiß aus. Die schneebedeckte Fahrbahn ist gerade noch an den Leitpfosten am Straßenrand erkennbar. Während die meisten Autos in einer Kolonne hintereinander fahren, scheinen sich die Tourenanbieter am Neuschnee nicht zu stören. Ihre mit dicken Reifen ausgestatteten Super-Jeeps überholen die normalen Autos eifrig. Immer wieder sehen wir abgerutschte Autos im Straßengraben liegen, manchmal auch mehrere hintereinander. Anscheinend gehört die Bergung abgerutschter Fahrzeuge hier zur Tagesordnung.

Unbedachterweise haben wir in Google Maps den Bruarfoss als Ziel eingegeben anstelle des Parkplatzes. Daher leitet uns Google vorbei am Parkplatz und in das Örtchen neben dem Wasserfall. Eine Schranke versperrt allerdings die Zufahrt. Weil sich das Umdrehen wegen der unbefahrbaren Parkbuchten schwierig gestaltet, fahren wir weiter und besuchen zuerst den Strokkur. Neben dem Geysir findet sich ein riesiges Besucherzentrum. Auf der anderen Straßenseite steigen dicke Dampfwolken in den Himmel. Die geothermalen Quellen haben vereinzelt Löcher in die Schneedecke geschmolzen. Um den Geysir herum hat sich eine Menschenmenge gebildet, die auf den nächsten Ausbruch wartet. Der Geysir lässt nicht lange auf sich warten und schießt zum Verzücken der Besucher eine Wassersäule in die Höhe.

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Als wir am Gullfoss Halt machen, lockern sich die Wolken und lassen ein paar Sonnenstrahlen auf den Wasserfall durchblicken. Im warmen Sonnenlicht erstrahlen Schnee und Eis in goldenen Farben. Während sich der Wasserfall im Sommer weitgehend durch die aufschäumende Gischt vor uns versteckt hatte, bietet sich heute ein klarer Blick auf die beeindruckenden gefrorenen Formationen.

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Kurz vor Sonnenuntergang kehren wir zum Parkplatz am Bruarfoss zurück. Im Gegensatz zu den touristischen Tageszielen hat sich nur ein weiteres Auto auf den Weg gemacht. Ein ausgetretener Pfad führt flussaufwärts am hellblau schimmernden Wasser entlang. Nach etwa 3 km erreichen wir die Brücke vor dem Wasserfall und genießen den beeindruckenden Anblick und den Moment der Einsamkeit. In hunderten kleinen Bächen strömt das Wasser des Flusses Brúará über die Stufen und vereinigt sich in einem azurblauen Strom.

Dank der anhaltanden Dämmerung und dem gut reflektierenden Schnee lässt sich der Rückweg auch nach Sonnenuntergang problemlos laufen.

Am nächsten Morgen kündigen die wiegende Äste der kahlen Bäume vor unserer Unterkunft als erste Zeichen den am Abend erwarteten Sturm an. Beim Frühstück läuft der Wasserkocher heiß. So vielfältig die Geschmäcker der Russen, Spanier, Franzosen und Italiener im Hostel sind ein warmes Heißgetränk mögen alle.

Nach dem Frühstück fahren wir auf der Straße 32 in Richtung Haifoss. Die Straße 32 ist bei road.is pink markiert, was difficult driving bedeutet. An vielen Stellen überzieht eine Eisschicht die Straße. Mancherorts liegt Schnee auf der Fahrbahn, sodass mehr oder weniger nur eine Spur befahrbar ist.

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Auf dem Hochplateau fegen Schneeschwaden über den Asphalt. Dieser Straßenabschnitt ist bei road.is als weiß eingezeichnet (kein Winterdienst), aber die Straße ist nahezu frei von Eis und sehr gut befahrbar. An der Abbiegung zu Haifoss und Gjain endet der Ausflug an einem gelben Schild mit rotem Rand und dem unmissverständlichen Aufdruck "Impassable". Auch wenn diese Ziele heute nicht erreichbar sind, sind wir nicht umsonst gekommen. Unweit der Straße sehen wir uns den halbeingefrorenen Hjálparfoss und die Hütten des Þjóðveldisbærinn Stöng an.

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Wegen der schlechten Wetterbedingungen an der Südküste ist die Ringstraße zwischen dem Seljalandsfoss und Vík seit Mittag gesperrt. Daher fahren wir zurück nach Hveragerði und nehmen uns die Wanderung zum heißen Bach im Tal Reykjadalur vor. Wie beim Strokkur haben geothermale Aktivitäten Löcher in die Schneedecke geschmolzen. Von den freigelegten Stellen dampft es leicht.

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Der Parkplatz ist voll, weitere Wagen parken am Straßenrand. Dank der vielen Besucher kann man leicht dem ausgetretenen Weg im Schnee folgen. Bei Neuschnee würden die vereinzelten Pfosten als Wegmarkierung kaum ausreichen, um den Weg zu finden.

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Immer wieder blicken vereinzelte Brocken dunklen Gesteins aus der Schneedecke hervor. Vor dem hellgrauen Himmel wirkt die Szene minimalistisch.

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Trotz der Minusgrade nehme einige unverfrorene Besucher ein Bad im oberen Teil des Flusses. Neben der Badebekleidung haben die meisten ihre Mützen angelassen.

Nach der Rückkehr zum Parkplatz müssen wir feststellen, dass die Ringstraße weiterhin gesperrt ist. Die Übernachtung zwischen Seljalandsfoss und Skógafoss können wir wohl vergessen. Dankenswerterweise lässt das Hotel die Übernachtung stornieren. Stattdessen suchen wir uns ein Apartment in Selfoss.

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steffen
10.04.2020
Tolle Bilder, beeindruckend wie immer
Thomas Ulrich
12.04.2020
Im Sommer war der Bach bei Hveragerdi im Oberlauf so heiß, dass wir uns beim barfuß-queren fast die Füße verbrüht hätten.
Tolle Bilder auch vom Bruarfoss: das Blau des Wassers schimmert wohl sommers wie winters.
Andrea
13.04.2020
Lisa, gut, dass Deine Jacke ROT ist :-)