Nach einer letzten Nacht im Campervan müssen wir heute morgen unseren treuen Wegbegleiter bei McRent in Bjerkvik abgeben. Damit wir bis zum Rückflug am nächsten Tag mobil sind, mieten wir zuvor bei Europcar am Flughafen Evenes ein Eintagesauto. Wie üblich überlässt es die Angestellte der Autovermietung den Mietern, das Auto auf mögliche Kratzer zu überprüfen. Zwischen den Regentropfen auf dem Lack können wir keine Kratzer finden. Erst als die Regentropfen einige Stunden später getrocknet sind, offenbart sich eine lange Schramme, und uns bleibt nur zu hoffen, dass wir nicht für den Schaden belangt werden.
Von Europcar am Flughafen legen Lisa mit dem Campervan und Bene mit dem roten Toyota Corolla die 35-minütige Etappe zu McRent zurück. Diesmal müssen wir nur kurz warten, bis eine Mitarbeiterin für uns Zeit hat. Sie begutachtet zuerst das Auto von außen und findet einen Schaden am Seitenspiegel. Zum Glück können wir mit den Fotos von der Abholung belegen, dass der Schaden bereits zu diesem Zeitpunkt existiert hat, auch wenn er uns damals nicht aufgefallen ist. Unser Bericht von der Störung des Alarmsystems wird mit einem Witz abgetan. Obwohl wir nochmal mir Nachdruck betonen, dass das System geprüft werden muss, sind wir skeptisch, ob sich die Vermietung darum kümmern wird.
Nachdem wir dem Campervan Lebewohl gesagt haben, geht es mit dem roten Eintagesauto in Richtung Harstadt, wo wir den heutigen Tag verbringen. Im Vergleich zum Campervan sitzt man nicht nur sehr tief, das Auto ist durch den Hybridantrieb auch auffällig leise. Kurz vor Harstad lassen wir einen LKW passieren, dem es nicht schnell genug geht. Kurze Zeit später sehen wir den LKW vor uns auf der Straße stehen. Traurig erkennen wir, dass das Auto davor mit einem Elch kollidiert ist. Den Personen geht es zum Glück gut, auch wenn das Auto stark beschädigt ist. Das arme Tier dagegen sitzt neben der Fahrbahn. Es muss sicherlich stark verletzt sein, da es nicht wegrennt. Der LKW-Fahrer scheint sich um alles zu kümmern und gibt uns ein Zeichen, dass wir weiterfahren können.
Kurz hinter Harstad befindet sich die Halbinsel Trondenes. Das historische Museum erzählt die bis in die Vikingerzeit zurückgehende Geschichte der Region. Neben dem Museumsgebäude stehen Nachbauten der mittelalterliche Siedlung, die hier gefunden wurde. Nach einer Beschreibung aus Island werden die nachgebildeteten Häuser durch eine Schicht aus Wurzeln und Erde isoliert. Ein Schauspieler berichtet, dass diese Bauart in Island immernoch praktiziert wird, wohingegen man in Norwegen davon abgerückt ist.
Neben dem mittelalterlichen Leben im hohen Norden zeigt das Museum eine Ausstellung zum 2. Weltkrieg. Die Deutschen haben auf Trondenes drei riesige Kanonen erbaut, von denen heute noch die Adolfkanone besichtigt werden kann. Die Kanonen zählten zur Verteidigung der eingenommenen Nordatlantikküste. Russische Kriegsgefangene wurden hier unter menschenunwürdigen Bedingungen gehalten. Als Untermenschen ließ man sie hungern und brachte sie in schäbigen Holzbaracken unter. Viele starben durch die Auszehrung. Ein Denkmal erinnert an diese schreckliche Zeit.
Direkt neben dem Museum befindet sich die nördlichste steinerne Kirche aus dem Mittelalter. Obwohl Kirchen typischerweise aus Stein gebaut wurden, waren in Norwegen trotzdem hölzerne Bauwerke üblich. Vor der steinernen Kirche, die vermutlich im 13. Jahrhundert erbaut wurde, gab es bereits zwei hölzerne Gotteshäuser.
[1756]Während der Geschichtsstunde im Museum ist der Regen abgezogen und die Sonne zurück. Nordlich von Harstad liegt der Ausflugsberg Keipen (nicht zu verwechseln mit dem Keipen auf Senja). Den größten Teil des Aufstiegs bewältigt der Toyota Corolla, sodass der restliche Aufstieg zum Gipfel für alle Altersklassen zu bewältigen ist. Um die Zeit bis zum Sonnenuntergang zu überbrücken, packen wir noch schnell unsere Koffer auf dem Parkplatz.
[1757] [1758]Trotz des nur 30-minütigen Aufstiegs ist der Ausblick grandios. Den Gipfel des Keipen bildet ein riesiges Plateau, von dem man in alle Richtungen blicken kann. Richtung Westen fällt eine Steilklippe fast direkt ins Meer ab. Auf der gegenüberliegenden Seite des Fjords sinkt die Sonne langsam auf die Bergkette der Nachbarinsel hinab.
[1759]Wir haben unser Abendessen mitgebracht, aber verschieben das Picknick aufgrund des kalten Windes nach wenigen Bissen ins Auto.
[1760]Nachdem der Rückflug vom Flughafen Evenes am frühen Morgen angesetzt ist, verbringen wir die Nacht im Auto auf einem Rastplatz in der Nähe des Flughafens. Das Auto ist nicht so komfortabel wie der Campervan, aber mit unserer Federbettdecke ausreichend für eine Nacht. Am nächsten Morgen wird die Federbettdecke mit gutem Zureden und etwas Gewalt als letztes Gepäckstück in den Koffer gequetscht.
Pünktlich um 6:30 Uhr hebt das SAS-Flugzeug ab. Aus dem Flugzeugfenster beobachten wir, wie die aufgehende Sonne die rauen Küstenstreifen, die bunten Fischerdörfer und die bizarren Berggipfel in warmes Licht taucht. Wir freuen uns schon darauf irgendwann einmal nach Nordnorwegen zurückzukehren.
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