Suðurland

03.03.2020

Am nächsten Morgen ist der schlimmste Teil des Sturmes überstanden, auch wenn uns die Ausläufer den restlichen Tag begleiten werden. Früh am Morgen verlassen wir das nette 1-Zimmer-Apartment in Selfoss und folgen der wieder freigegebenen Ringstraße zum Seljalandsfoss. Ein paar wenige Autos parken bereits vor dem Wasserfall. Auf dem spiegelglatten Parkplatz stellen sich die wenigen Schritte zum Parkscheinautomaten als größere Herausforderung heraus. Wären da nicht die vielen Unebenheiten, könnte man auf der Parkfläche Schlittschuhlaufen. Wie überall in Island akzeptiert der Automat Kreditkarten. Nur einmal während der nächsten zwei Wochen kommen wir ohne Bargeld nicht weiter, und das auch nur wegen eines defekten Kreditkartenlesegeräts.

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Auch wenn die Sonne hinter der Bergkette aufgeht, taucht der nahende Sonnenaufgang einen Wolkenstreifen über dem Wasserfall in hellrotes Licht. Leider haben wir den besten Moment verpasst, bis wir uns neben den vereisten Stufen nördlich des Wasserfalls in Position gebracht haben. Immerhin spürt man im Schatten des Fellsmassivs nichts vom heftigen Wind. Im Minutentakt kommen weitere Besucher hinzu. Zum Sonnenaufgang erreicht der erste Kleinbus den Parkplatz. Im Winter scheint sich der Wasserfall eines genauso regen Besucherstroms zu erfreuen wie im Sommer.

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Auch der hinter einer Felsspalte versteckte Wasserfall Gljúfrabúi ist lange kein Geheimtipp mehr. In Scharen pilgern die Besucher die wenigen Meter vom Seljalandsfoss zu der Felsspalte. Auf den Steinen im Flussbett kann man vorsichtig in die Felsspalte klettern, wobei es wegen der wenigen Ausweichmöglichkeiten zu Stau kommt. In der kleinen, nach oben offenen Höhle hallt das Tosen des Wasserfalls wider und die fliegende Gischt durchnässt Jacke wie Hose.

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Am Vormittag zieht der Himmel auf und wir bekommen zum ersten Mal die Sonne zu sehen. Mit dem kräftigen Wind lässt sich der unverhoffte Sonnenschein jedoch kaum genießen. In Vík wurden gestern Windgeschwindigkeiten von 36 m/s gemeldet, heute sollen es noch 24 m/s sein. Wir stoppen kurz neben einem ehemaligen Besucherzentrum mit tollem Blick auf den Eyjafjallajökull.

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Natürlich darf der gewaltige Skógafoss auf keiner Islandreise fehlen. Mit einer Breite von 25 Metern und einer Höhe von 60 Metern wirkt der beeindruckende Wasserfall wie ein riesiger Vorhang. Jeder möchte ein Bild von sich vor den Wasserschwaden. An die hundert Menschen warten darauf, dass sich der Moment für einen freien Blick auf den Wasserfall ergibt. Einige stellen ihre besten Kleider vor diesem Motiv zur Schau und posieren sogar barfuß. Neben dem Wasserfall führen Treppenstufen auf die Ausichtsplattform über der Abbruchkante. Wegen der schneebedeckten Stufen bildet sich erneut ein Stau, sodass der Verkehr nur in eine Richtung geht. Der Wanderweg an der Oberseite des Wasserfalls in Richtung Þórsmörk führt bis zum nächsten Wasserfall, ist dahinter aber geschlossen.

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Obwohl er nur einen Steinwurf vom Skógafoss entfernt liegt, erfreut sich der Kvernufoss wesentlich mehr Ruhe. Wir parken hinter dem Skógar Museum und folgen dem Weg zum Fluss, der aus einer Öffnung im Felsmassiv fließt. Von der ersten Anhöhe bekommen wir den Wasserfall zu sehen. Es windet wieder so stark, dass selbst mit Stativ alle Fotos verwackeln. Innerhalb von wenigen Sekunden verschwindet die Sonne hinter den Wolken und es beginnt zu schneien.

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Nachdem wir kurz ausgeharrt haben, drehen wir in Richtung Auto um, um den Sturm abzuwarten. Nach ein paar Minuten endet des Schneegestöber und die Sonne ist zurück. Doch als wir wieder in der Nähe des Wasserfalls angekommen sind, folgt der nächste Schneeschauer, wenn auch kürzer als der erste. Eilig nehmen wir ein paar Fotos auf, denn der nächste Wetterumschwung lässt nicht lange auf sich warten. Eng am Felsen entlang führt ein Trampelpfad hinter den Wasserfall führt. Dort haben sich beeindruckende Eisformationen gebildet.

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Den Aussichtspunkt von Dyrhólaey lassen wir heute wegen dem kräftigen Wind aus und verbringen stattdessen den Spätnachmittag am schwarzen Sandstrand vor Vík bei den Reynisdrangar. Auf den berühmten Basaltsäulen klettern die Besucher um die Wette. Unter gewaltigem Getöse brechen die anrollenden Wellen an den Steinen am Strand. Die aufschäumende Gischt wird vom Wind weit verstreut. Wie der buchstäbliche Fels in der Brandung trotzen die Reynisdrangar den stürmischen Wellen. Kurzzeitig beginnt es zu schneien. Wie kleine Perlen bleiben Eiskugeln auf dem schwarzen Sand hängen. In Meeresnähe sammelt die Brandung die Perlen am Strand ein.

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Für den Abend sagt der isländische Wetterdienst eine gute Chance auf Polarlichter vorher (Stufe vier "active"). Nach dem Abendessen ziehen wir los und warten im Auto außerhalb der Stadt auf die Lichter. Es ist stockfinster und die Sterne am Himmel sind gut zu erkennen. Doch anstelle der erhofften Polarlichter decken uns plötzlich aufziehende Regenwolken mit einem Schneeschauer ein. Trotzdem glücklich mit der Ausbeute des Tages ziehen wir uns in das warme Hostel zurück.

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Auch wenn für den nächsten Morgen kein Sonnenaufgang zu erwarten ist, kehren wir früh zum Sandstrand zurück. Eine Gruppe an Fotografen steht wie bei einem Appell in einer Linie aufgereiht am Strand und wartet darauf, dass sich hinter den Reynisdrangar ein Lichtstreifen in den Wolken auftut. Der Wind hat abgeflaut, aber die Wellen erscheinen genauso reißerisch wie am gestrigen Tag.

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Auf der Halbinsel Dyrhólaey ist die Auffahrt zum Leuchtturm gesperrt. Dafür führt ein Fußweg vom Parkplatz am Aussichtspunkt über den Reynisfjara Strand hinauf zum Leuchtturm. Dort bietet sich ein weiter Blick nach Westen über den verschneiten Strand.

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Als wir zum Parkplatz zurückkehren, erkennen wir sofort die Stelle, an der uns vor einigen Jahren der erste Papageientaucher begegnet ist.

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Durch einen steineren Torbogen spritzen die anlaufenden Wellen in die Höhe.

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Einige Kilometer östlich von Vík biegen in Richtung Hjörleifshöfði von der Ringstraße ab. Unter dem Schnee ist die Straße nicht zu erkennen und so folgen wir den Reifenspuren. Auf halbem Weg parken zwei Autos am Straßenrand. Nach den holprigen letzten Metern reihen wir uns ein und legen die verbleibenden zwei Kilometer sicherheitshalber zu Fuß zurück. Langsam kommt der Felsen vor dem Strand näher. Auf der Rückseite erspähen wir endlich den Eingang der Höhle, nach der wir gesucht haben. Die Höhle besteht aus einem geräumigen Hohlraum, aber die ungewöhnliche Form des Höhleneingangs erinnert an die Gestalt von Yoda. Am Eingang lehnt ein einsames Schild mit dem Hinweis, dass die Höhle heute für eine private Veranstaltung geschlossen sei. Ob es sich um einen geheimen Rückzugsort der letzten Jedi handelt? Wir wollen dabei nicht stören und kehren bald zum Parkplatz zurück.

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Im weiteren Verlauf verlässt die Ringstraße die Küste und biegt näher ins Landesinnere ab. Die Lavafelder links und rechts der Ringstraße sind vollständig unter dem Schnee begraben. Am späten Nachmittag erreichen wir Fjaðrárgljúfur, die Schlucht mit dem unaussprechlichen Namen. Trotz der Eiseskälte begrüßt eine Rangerin am Parkplatz fröhlich die Neuankömmlinge. Ein abgesteckter Pfad führt am Rand der Schlucht entlang. Wie Puderzucker schmückt der Schnee die imposanten Felsnadeln. Der Fluss am Grund der Schlucht scheint weiter zu fließen, auch wenn der meiste Teil von Schnee bedeckt ist. Beim Anblick der schneebedeckten Hügel außenherum könnte man meinen in einem Skigebiet gelandet zu sein.

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Unweit des Canyons hält der Ort Kirkjubæjarklaustur ein paar weitere, wenn auch kleinere Sehenswürdigkeiten parat. Das Kirkjugólf, ein Pflaster aus Basaltsäulen, liegt heute unter dem Schnee verborgen. Über dem Stjórnarfoss hat sich eine Schicht aus bizarren Eiszapfen gebildet, unter denen weiterhin ein Schwall Wasser in den vereisten Pool darunter fließt.

Mit Einbruch der Dunkelheit kommen wir an unsere Unterkunft für die Nacht an, ein einsamer, zum Hostel umgebauter Hof abseits der Ringstraße. Es ist an der Zeit die Akkus aufzuladen, denn am nächsten Tag werden wir mit der Gletscherlagune einen der Höhepunkte unserer letzten Islandreise erreichen.

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Thomas Ulrich
12.04.2020
Vieles sieht ja aus wie auf dem Eisplaneten Hoth aus Star Wars, das wurde aber glaube ich, auf der Hardangervidda in Norwegen gedreht :-)
In der Felsspalte Gljufrabui stand ich auch schon: vor fast 20 Jahren im Sommer: wir sind in Bergstiefeln und in Badehose hinter gewatet, Wasser war auch eiskalt. Mein Kumpel konnte gar nicht genug kriegen, er ist ausgerutscht, hat dann ein Bad genommen, der Foto wurde nach oben gehalten und "gerettet". Damals war keiner außer uns dort.
Almuth
13.04.2020
Das sieht so unwirklich aus, und zauberhaft :)