Narvik

12.08.2019

"On top of the world..." Das Prasseln der Regentropen auf der Autoscheibe vermischt sich mit den energetischen Klängen der Imagine Dragons aus dem Autoradio. Wir sitzen im Fahrerhaus des Wohnmobils und warten auf einen Wetterumschwung. Alle paar Minuten suchen wir die Karte des norwegischen Wetterdiensts ab nach einem Ort ohne Regenwolke - ohne Erfolg. Wieder einmal überzieht eine Schlechtwetterfront die Inselgruppe.

Vor unserem inneren Auge ziehen die Eindrücke der letzten Tage vorbei. An die Zeile "on top of the world" mussten wir immer wieder denken, als wir vom Gipfel auf dem Festvagtinden, dem Reinebringen oder dem Hesten auf die imposanten Bergspitzen auf der einen und die endlose Weiten des Ozeans auf der anderen Seite blickten. Die steilen Berghänge, die scheinbar unmittelbar aus dem Meer aufragen, umrahmt vom blauen Meerwasser, bilden eine traumhafte Kulisse wie im Bilderbuch. Für Outdoorenthusiasten und Landschaftsfotografen bieten die Lofoten ein Paradies auf Erden.

Auch an bewölkten Tagen bieten die zerklüfteten Klippen im Spiel der anlaufenden Wellen und die roten, für Norwegen typsichen Rorbuer vor dem grauen Himmel reizvolle Anblicke. Wenn es allerdings regnet, sich die Wolken über die Berge schieben und der Ozean im trüben Grau verschwindet, bleibt nicht viel mehr als auf einen der häufigen Wetterumschwünge zu hoffen. Immerhin sind wir mit dem gemieteten Wohnmobil flexibel und können je nach Wetter und Tagesziel zwischen den Inseln hin- und herwechseln. Außerdem geben uns die Regentage die Gelegenheit, unsere Erlebnisse aufzuschreiben, um bei Gelegenheit einen Reisebericht anzufertigen.

In diesem und den folgenden Beiträgen berichten wir von unserer insgesamt dreiwöchigen Camping-Reise im Norden Norwegens. Dabei verbringen wir zwei Wochen auf den Lofoten und eine Woche auf der Insel Senja. Die Lofoten bestehen aus einer Gruppe von Inseln oberhalb des Polarkreises. Zu den Hauptinseln zählen von Norden nach Süden Hinnøya, Austvågøy, Gimsøya, Vestvågøy, Flakstadøya und Moskenesøya.

Nachdem wir im Sommer 2014 die gigantischen Fjorde im Süden Norwegens besucht haben, freuen wir uns auf die Rückkehr fünf Jahre später. Die Reise beginnt am 12. August mit dem Flug über Oslo nach Evenes. Nach der verspäteten Ankunft in Oslo müssen wir uns beeilen, die Koffer durch den Zoll zu rollen und für den Weiterflug abzugeben. Zum Glück läuft alles nach Plan, und wenige Minuten später nehmen wir Kurs in Richtung Norden. Vor dem Flugzeugfenster ziehen eindrucksvollen Bergketten und Fjorde vorbei.

[1585] [1584]

Es ist angenehm warm, als wir um 18 Uhr in Evenes landen. Auch wenn die Saison der Mitternachtssonne Mitte Juli zu Ende gegangen ist, merkt man am Sonnenstand nicht, dass es auf den Abend zugeht. Der Flughafen liegt zwischen den Städten Narvik und Harstadt an der Europastraße 10, die von Å an der äußeren Spitze der Lofoten bis nach Schweden verläuft und die wir in den nächsten Tagen fleißig befahren werden. Weil die Wohnmobilvermietung am heutigen Sonntag Abend geschlossen hat, holen wir das Wohnmobil erst am nächsten Tag ab und übernachten heute in Narvik. Die Fahrt mit dem Flybus nach Narvik dauert fast eine Stunde, da man den Ofotfjord umrunden muss.

[1586]

Nachdem die Koffer abgestellt sind, sehen wir uns nach etwas Essbarem auf der Straße um. Mit den dunklen Schaufenstern und wenigen Personen auf der Straße an diesem Abend wirkt das Städtchen wie ausgestorben. Vor dem Rathaus zeigt ein Wegweiser die Entfernungen zu bekannten Orten an: Zum Nordkapp sind es 740, nach Oslo 1391, nach Hamburg 2210 km und der Nordpol liegt 2407 km entfernt. In einem Mini-Markt erstehen wir Cracker und Käse und suchen uns einen netten Felsen an der Küste. Obwohl das Meerwasser auch im Sommer kaum wärmer als 10°C wird, verfügt Narvik über einen Badestrand mit einem hölzernen Sprungturm.

[1587]

Bevor wir das Wohnmobil am nächsten Tag abholen, bleiben uns ein paar Stunden, um den Hausberg von Narvik, den Narvikfjellet, zu besteigen. Als wir schwitzend und schnaufend die Øvre Fjellheisstasjon auf 656 m über dem Meeresspiegel erreichen, ist die erste Gondel mit weiteren Besuchern bereits eingetroffen. Von hier bietet sich ein weiter Blick über die Häuser und den Hafen von Narvik und Bergkette auf der gegenüberliegenden Seite des Ofotfjords.

[1589]

Nach dem Abstieg holen wir eilig unsere Koffer aus der Unterkunft und nehmen den Linienbus nach Bjerkvik. Normalerweise wären die eineinhalb Kilometer Fußweg von der Bushaltestelle zum Wohnmobilverleih kein Problem, doch die Rollen von Benes Koffer streiken. Verschwitzt vom Schleifen des Koffers treffen wir schließlich bei McRent ein. Während das gestresst wirkende Personal ein paar andere Kunden versorgen, sehen wir uns die zum Verkauf stehenden Luxusbehausungen auf Rädern an.
Schließlich bekommen auch wir die Schlüssel für unser Zuhause für die nächsten drei Wochen ausgehändigt. Auch wenn es nicht an die Luxusklasse heranreicht, kommt uns der Kompaktcamper der Kategorie "Urban Plus" riesig vor. Hinter dem drehbaren Fahrer- und Beifahrersitz stehen Tisch und Rückbank, dazu ein gasbetriebenes Kochfeld und ein Kühlschrank, eine Nasszelle mit Dusche und WC sowie ein großes Doppelbett und jeder Menge Stauraum darunter. Während der kurzen Einführung bekommen wir das Heizsystem, die Befüllung des 100 Liter Frischwassertanks und das Ablassen des Abwassertanks sowie die Reinigung der Toilettenkassette erklärt. Anscheinend sind Abwasser- und Reifendrucksensor defekt, aber während des Sommers bleibt keine Zeit für Reparaturen.

Nachdem wir uns bei Rema 1000 mit Nahrungsmitteln eingedeckt haben und die Einkäufe in den Küchenschubladen und unter den Treppenstufen vor dem hochgelagerten Bett verstaut sind, machen wir uns voller Vorfreude auf in Richtung Lofoten.

[1588]

Trotz der ungewohnten Breite und Länge lässt sich der Campervan leicht steuern. Auch wenn die spektakulären Ausblicke vor allem an der westlichen Spitze der Inselgruppe zu erwarten sind, sind wir schon jetzt von der vorbeiziehenden Landschaft begeistert. Nach einem zwischenzeitlichen Wolkenbruch zeigt sich ein Doppelregenbogen hinter der Tjeldsundbrua.

[1580] [1583]

Gleich am esten Abend zeigt sich Norwegen von seiner schönsten Seite. Die tiefstehende Sonne taucht die Hügel rund um den Øvre Kåringsvatnet in goldene Farben. Als die letzten Sonnenstrahlen verschwinden, setzen wir die Fahrt fort und steuern einen Stellplatz am Raftsundet an.

[1581]

Kommentieren...

Bitte authentifiziere dich hier, um einen Kommentar schreiben zu können.

Leider haben wir in letzter Zeit mit vielen computergenerierten Spam-Kommentaren zu kämpfen. Daher können zur Zeit nur authentifizierte Benutzer einen Kommentar hinterlassen.

Claudia und Gerald
31.01.2021
Hallo ihr zwei,
schön, dass ihr uns bei eurer Camper-Reise auf den Lofoten teilhaben lasst. Euer lebhafter Reisebericht liest sich super spannend, dazu eindrucksvolle Bilder, das ist echt gigantisch. Schön euch beide zu sehen, von Bildern gefällt uns der Sonnenuntergang ganz besonders.
Andrea
31.01.2021
Cool... habe die Authentifizerung geschafft :-)
Claudia F.
31.01.2021
Oh toll, ihr wart auf Lofoten :)
Gut, dass ihr diese Reise schon 2019 gemacht habt!
Wir wollten im Juni 2020 dorthin und mussten alles wieder stornieren...
Daher freuen wir uns nun sehr auf eure Reiseberichte und sind auf eure Erlebnisse gespannt :)
Die ersten Eindrücke und die schönen Bilder sind schon vielversprechend. Schön, dass wir eure "abenteuerliche" Reise wieder mitverfolgen dürfen.
Brigitte
02.02.2021
Schöne Fotos. Da werden Erinnerungen wach..
Authentifizierung.. gar kein Problem.. :-)