Ottawa

25.10.2017

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Die schier endlose Schlangen von rot-weißen Linienbussen, die zweisprachigen Straßenschilder und die steinernen Spitzen des Parlamentsgebäudes hinter den Schluchten zwischen den Glasfassaden prägen die ersten Eindrücke von Ottawa, wenn man aus dem Bus an der langgezogenen Slater Street im Stadtzentrum steigt.
Während sich die einsteigenden Passagiere noch in die vorderen Busse an der Haltestelle drängen, versperren bereits die nächsten fünf ankommenden Linienbusse der OC Transpo mit dem charakteristischen Ahornblatt hinten an den Seiten die Sicht in die Häuserschluchten. Zwischenzeitlich geben sie den Blick frei auf die Logos der vielen Cafes, Tim Hortons und Starbucks. Das kleine rote Ahornblatt in der Mitte des bekannten gebogenen M zeigt eindeutig, dass man sich hier nicht im Stadtzentrum irgendeines Landes befindet.

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Den typische Einheimische erkannt man am obligatorische Pappbecher mit der Aufschrift von Tim Hortons oder Bracebridge und dem forschen Frühstart an der Straßenkreuzung, wenige Sekunden bevor die Fußgängerampel vom roten auf das weiße Männchen wechselt.

Die Straßenschilder tragen vor dem Straßennamen die französische Bezeichnung, z.B. Rue oder prom., dahinter die englische Bezeichnung, z.B. St oder pkwy. Auf die englische Durchsage der Haltestellen im Bus folgt die französische, auch wenn die Straßennamen glücklicherweise in der passenden Sprache ausgesprochen werden.

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Zwischen den neumodischen Hochhäusern mit den verspiegelten Glasfassaden spitzen die Türme des steinernen Parlamentsgebäudes hervor. Für den sog. Centre Block werden täglich kostenlose Touren angeboten. Die Besichtigungszeiten variieren je nachdem ob das Parlament tagt und sind schnell vergriffen, sodass sich am Morgen schon lange Schlangen vor dem Büro gegenüber des Parlamentsgebäudes bilden.

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Von der Nordseite des Parliament Hill blickt man über den Ottawa River auf die angrenzende Provinz Quebec. Während Ottawa zur Provinz Ontario gehört, bildet der Fluss die natürliche Grenze zur Nachbarstadt Gatineau in Quebec. Die stählerne Alexandra Bridge verbindet die beiden Ufer. Vom gegenüberliegenden Nepean Point Hügel blickt die Statue des französischen Entdeckers Samuel de Champlain herüber. Daneben schimmern das gläserne Dach der Kunstgalerie und die ungewöhnlich silbernen Türme der Notre-Dame Kathedrale. Zwischen dem Parliament Hill und dem Nepean Point markiert eine mehrstufige Schleuse das Ende des Rideau Kanals, bevor dieser in den Ottawa River übergeht. Die in regelmäßigen Abständen gepflanzten Bäume entlang des Flussufers warten noch auf ihre Herbsttracht.

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Beim Blick vom Nepean Point auf das Parlamentsgebäude fallen die Baukräne auf, die das Stadtbild zieren. Interessanterweise kommen bei Straßenbauarbeiten orange-schwarz geringelte Türme statt der aus Deutschland bekannten Pylonen zum Einsatz. Die Erklärung liegt nahe, dass es sich um keine Halloween Verkleidung handelt, sondern die kleinen Kegel für die vielen größeren Autos und Jeeps bestimmt leicht zu übersehen wären.

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Die Touristenziele in der Innenstadt sind gut zu Fuß zu erreichen. Nicht nur das mit silberfarbenem Metall überzogene Dach der Notre Dame Kathedrale leuchtet ungewöhnlich, auch das Deckengewölbe im Inneren schillert in einem magischen Blauton.
Unweit von Kathedrale und Nepean Point grenzt das Rideau Einkaufszentrum an den gleichnamigen Kanal an und bietet neben zahlreichen Modegeschäften eine Dachterrasse, von der man das Treiben an der Mackenzie King Haltestelle beobachten kann. Wer sich als Einheimischer ausgeben möchte, der ist mit einem Kleidungsstück von Roots mit dem Biber Logo gut beraten.

Östlich des Parliament Hill laden die vielen kleinen Läden im Distrikt Byward Market zum Erkunden ein. Ein nicht zu verkennendes rundes Schild markiert die dazugehörigen Straßenzüge. An mehreren Straßenständen wird Ahornsirup in allen Formen und Größen verkauft. Am Beavertail Verkaufsstand brummt das Geschäft. Jeder möchte die kanadische Spezialität probieren. Den fritierten Teig im Form eines Biberschwanzes gibt es u.a. mit Zimt und Zucker, geschnittenen Bananen oder Oreos.

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Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des kanadischen Staatenbunds sind das ganze Jahr öffentliche Events geplant. Eines davon ist die Mìwàte, eine Lichtinstallation um die Chaudière Falls. Zu passender musikalischer Untermalung tanzen unzählige Scheinwerfer über die Wasserfälle und verzaubern die staunenden Besucher. Die Installation soll an das Erbe der Alonquin erinnern, einem Stamm der ersten indianischen Völker Kanadas. Aus der von den Algonquin verwendeten Sprache Anishinaabe stammt auch der Titel der Veranstaltung. Vor dem Eingang versuchen Naturschützer auf den Zustand des Flusses vor dem Bau des Damms aufmerksam zu machen.

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Mit den Hog's Back Falls gibt es weitere Wasserfälle etwas südlich von Ottawa zu besichtigen. Hier zeigt der künstlich angelegte Rideau Kanal vom Rideau Fluss ab. Ein Damm sorgt für die Wasserversorgung des Kanals.

Wer sich nicht jeden Tag von Poutine und den Spezialitäten der Hauptstadtrestaurants ernähren möchte, findet bei den hießigen Supermärkten Metro und Loblaws die wichtigsten Nahrungsmittel. Besonders merkwürdig erscheint ein Blick ins Kühlregal zu den Milchprodukten, wo man Milch in Plastikbeuteln kaufen kann. Ein ganz normale Tafel Schokolade ist überrasschend schwer zu finden, und entpuppt sich dann als Importprodukt aus Europa. Stattdessen scheinen die Kanadier die bunte Auswahl an Schokoriegeln zu bevorzugen, darunter der Big Turk, Mr. Big und der Wunderbar.

Im Südwesten kommt man beim Canadian Tyre Centre vorbei, der Heimat der Ottawa Senators. Im Gegensatz zu den Vorlieben der amerikanischen Nachbarn ist Eishockey die Sportart Nummer eins.
Die nächste Autobahnausfahrt führt zur Tanger Shopping Outlet Mall.

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Tagesausflüge

Parc Gatineau

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Für einen Ausflug ins Grüne bietet sich der Gatineau Park an, dessen Eingang keine 30 Minuten mit dem Auto vom Zentrum entfernt liegt. Es ist kaum zu glauben, wie sich der 361 qm große Naturpark in unmittelbarer Nähe zur Metropole halten konnte. Tatsächlich wurde das Gebiet des Gatineau Parks 1938 von der kanadischen Regierung zum Schutz der Gatineau Hills erworben und dient seitdem als beliebstes Ausflugsziel für Freizeitsportler und Besucher. Neben den zahlreichen Wandermöglichkeiten halten die kurvigen und hügeligen Straßen einen anspruchsvollen Rennradfahrer bei Laune und auch Mountainbiker kommen auf ihre Kosten.

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Der Wald besteht vorwiegend aus Ahorn, Buchen und Gelb-Birken.

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Eingebettet zwischen Wald und Gärten lädt des renovierte Landhaus auf dem Mackenzie King Estate zu einer Zeitreise ist das frühe 20. Jahrhundert ein. Seine Sommerresidenz nutzte der ehemalige Ministerpräsident William Lyon Mackenzie als Ausgangspunkt für Wanderausflüge mit seinen Gästen.

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Das Ufer am Pink Lake ist gesäumt von herbstlichem Laub. Der Pink Lake ist kein gewöhnlicher See. Das Wasser am Fuß des Sees enthält keinen Sauerstoff. Die durch Klippen und Wald geschützte Lage lässt kaum Wind zum See durchdringen, der für die Vermischung des Wassers mit Sauerstoff sorgen könnte. Zusätzlich erschweren Millionen von Schwebeteilchen die Mischung des sauerstoffreichen und -armen Wassers.

Ebenso kurzweilig ist die Wanderung um den Kings Mountain. Die exponierten Felsen bieten immer wieder herrliche Ausblicke über den Laubwald und einen Fernblick auf die Metropolregion von Gatineau und Ottawa.

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Besonderes Highlight auf der weiteren Strecke sind die Aussichtspunkte Huron, Étienne-Brûlé und Champlain im Westen des Parks mit ausgezeichneten Blick über das weite Plateau und den Ottawa Fluss. Gegen Abend taucht die tiefstehende Sonne das ohnehin orangerote Laub in einen tiefen Rotton.

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Parc national du Mont-Tremblant

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Mit knapp drei Autostunden etwas weiter entfernt liegt der Parc national du Mont-Tremblant. Auf dem Weg kommt man am namensgebenden Mont Tremblant vorbei, ein beliebtes Skigebiet im Winter. Der Nationalpark ist ein drei Sektoren gegliedert. Im La Diable Sektor finden sich einige spektakuläre Anblicke, welche für die lange Anreise vergessen machen. Wenn das Kassenhäuschen am Parkeingang nicht besetzt ist, wird der Besucher gebeten die Eintrittsgebühr am Discovery Centre zu entrichten. Die Quittung sollte man bei sich behalten, um sie auf Aufufforderung eines Park Rangers vorzeigen zu können.

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Besonders beliebt ist der kurze Anstieg zur Aussichtsplattform am Ende des La Roche Wanderwegs, die einen phänomenalen Panoramablick über den Lac Monroe bis zum Lac Chat und über die bewaldeten Hügel bietet. Die erste Hälfte des Wanderwegs führt an einem lauschigen Bachlauf entlang. An diesem späten Herbsttag sind einige Sepaq Arbeiter damit beschäftigt, einen Wasserablauf neben dem Wanderweg auszuheben und diesen so vor Überschwemmungen zu schützen.

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Wer vom Aussichtspunkt nicht den gleichen Weg zurückgehen möchte, kann auf den La Corniche Weg wechseln und eine zewite Aussichtsplattform auf dem Rundweg mitnehmen.

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Nur wenige Meter läuft man vom Parkplatz zum Chute du Diable, einem tobendem Wasserfall. Die Gischt spritzt bis zur Besucherplattform auf der gegenüberliegenden Seite, deren Holzblanken tapfen gegen die permanente Feuchtigkeit kämpfen. Etwas ruhiger geht es bei den Chutes Croches zu, einem etwas kleinere kaskadenartigen Wasserfall.

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Allein für den spektakulären Ausblick über den Lac Monroe im späten Nachmittagslicht hat sich die lange Anreise auf jeden Fall gelohnt.

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Karl der Käfer
11.05.2018
Hey Bene,
tolle Fotos! Ich habe dir unter meinen Namen auch ein Bild von mir geschickt.
Viel Spaß weiterin :)